Zu sehen sind Zeitungs-Schlagzeilen Ende 2021 und Anfang 2022. Einige lauten: * Vattenfall trotz Energiepreiskrise auf Wachstumskurs * Hohe S+rompreise bescheren RWE-Konzern Milliardengewinn * Milliardengeschäft Kohle: Warum RWE sogar an steigenden CO2-Preisen verdient * EON steigert Gewinn und hebt Jahresprognose an * Eon-Chef gibt Gewinn-Versprechen für die nächsten fünf Jahre

Warum steigen die Energiepreise?

Die Energiepreise steigen seit Monat­en stark an — und das nicht erst seit dem Angriff­skrieg auf die Ukraine. Das bet­rifft Strom, Gas und auch Kraft­stoffe für das Auto. Aber warum ist das so? Die Haupt­gründe im Überblick:

Ein­er­seits schließen Stromab­nehmer Verträge mit Stro­man­bi­etern, ander­er­seits wird Strom seit der Lib­er­al­isierung des Strom­mark­ts (1998) an der Börse gehan­delt. Das erfol­gt an der EEX, der “Euro­pean Ener­gy Exchange” (Strom­börse) in Leipzig bzw. der EPEX-Spot in Paris.

Dort gilt das soge­nan­nte “Mer­it-Order-Prinzip”: Strom wird zu ver­schiede­nen Preisen ange­boten. Erneuer­bare Energien sind dabei am gün­stig­sten und wer­den bevorzugt einge­speist. Zuerst wird der gün­stig­ste Strom verkauft, danach das zweit­gün­stig­ste usw., bis die Nach­frage gedeckt ist. Das let­zte Gebot, das einen Zuschlag erhält, bes­timmt den Strompreis. Der Preis für Energie wird also durch das jew­eils teuer­ste Kraftwerk (das so genan­nte “Gren­zkraftwerk”) bes­timmt.

Die Grafik zeigt die Merit-Order im Jahr 2020. Der Kraftwerkseinsatz und die Strompreise bilden sich in Deutschland nach dem so genannten Merit-Order-Prinzip, am Schnittpunkt zwischen Angebot und Nachfrage. Konkret bedeutet dies: Die Energieversorger bieten Strom aus ihren zur Verfügung stehenden Kraftwerken zu Grenzkosten an der Börse an. Dort werden diese Gebote nach dem Preis sortiert: Am billigsten ist Strom aus erneuerbaren Energien, gefolgt von den klassischen Grundlastkraftwerken (Kernenergie- und Braunkohlekraftwerken). Steinkohle und Erdgaskraftwerke produzieren teuer – erkennbar am ansteigenden Preis in der Grafik. Die in der Grafik eingezeichnete Nachfrage bildet die durchschnittliche Stromnachfrage ab. Im Durchschnitt bestimmen also Steinkohlekraftwerke an der Strombörse den Strompreis. Steigt der Verbrauch, beispielsweise vormittags oder am Abend, wird Strom aus weiteren Kraftwerken benötigt, um die Nachfrage zu decken. In der Grafik verschiebt sich die Nachfragelinie (vertikal) nach rechts. Die höhere Nachfrage decken dann Erdgaskraftwerke. Beginnend mit den niedrigsten Betriebskosten (in der Grafik als kurzfristige Grenzkosten auf der y-Achse bezeichnet) werden also so lange Kraftwerke mit höheren Kosten zugeschaltet, bis die Nachfrage gedeckt ist. Das jeweils teuerste Kraftwerk, das noch benötigt wird, um die Nachfrage zu decken, bestimmt den Strompreis am Spotmarkt. Es ist das so genannte Grenzkraftwerk. Kommen nun die erneuerbaren Energien in das Stromangebot hinzu, verdrängen diese konventionellen Kraftwerke aus der Angebotskurve (rechte Seite der Grafik). Denn nach der Merit-Order-Logik kommen sie noch vor Atom und Kohle zu Einsatz, da sie fast keine (Brennstoff-) Kosten verursachen. Die Einspeisung von regenerativem Strom führt demnach dazu, dass ein billigeres Grenzkraftwerk als letztes zur Deckung der Nachfrage genutzt wird. Beispielsweise Braunkohle- anstelle eines Steinkohlekraftwerks. Die teureren Erzeugungsformen werden nicht mehr gebraucht und der Strom ist in solchen Stunden besonders günstig. Dargestellt ist der im Jahr 2020 erwartete Kraftwerkspark (Mit MaßnahmenSzenario des Projektionsberichts 2017). Als CO2-Preis wurde 5,6 € / t CO2 unterstellt. Es wird deutlich, dass dieser CO2-Preis nicht ausreichend ist, um die Einsatzreihenfolge der Kraftwerke zu verändern. Steinkohlekraftwerke haben z.B. höhere spezifische Emissionen als Erdgaskraftwerke. Bei höheren CO2 –Preisen steigen Kosten von Steinkohlekraftwerken deutlich stärker als die von Erdgaskraftwerken. So kann es zu einer Veränderung der Einsatzreihenfolge der Kraftwerke kommen. Dies würde zu einer Reduktion der CO2-Emissionen führen.
Oeko-Insti­tut e.V. CC BY-SA 2.0

Das führt auch so soge­nan­nten Wind­fall-Prof­its — also Prof­iten, die “vom Him­mel fall­en”. Denn obwohl die Erzeu­gung von Energie bei bes­timmten Anbi­etern genau­so viel kostet wie vorher, erzie­len diese plöt­zlich einen deut­lich höheren Preis für die gle­iche verkaufte Energiemenge.

Die Groß­mark­t­preise für Strom sind im Ver­gle­ich zum Vor­jahr erhe­blich gestiegen. Lag der Mark­t­preis für kurzfristige Strom­liefer­un­gen (Spot­mark­t­preis) im Okto­ber 2020 durch­schnit­tlich noch bei gut 3 Cent pro Kilo­wattstunde, stieg er bis Okto­ber 2021 auf knapp 14ct/kWh.

  • Haupt­treiber für den Strompreis ist zurzeit der hohe Gaspreis. 12,1 Prozent des deutschen Stroms wurde 2020 aus Erdgas erzeugt. In Gaskraftwerken erzeugter Strom ist in der Regel preis­bes­tim­mend an den Strom­börsen, da die Kraftwerke mit den höch­sten Erzeu­gungskosten den Preis für sämtlichen gehan­del­ten Strom bes­tim­men. Gaskraftwerke wer­den zugeschal­tet, wenn nicht genü­gend Strom aus erneuer­baren Energien oder aus Kohle zur Ver­fü­gung ste­ht. Der derzeit hohe Gaspreis schlägt so direkt auf den Strompreis durch.
  • Teur­er wer­dende Zer­ti­fikate des EU-Emis­sion­shan­dels für Strom aus fos­silen Quellen sind ein weit­er­er Grund für den Anstieg der Strompreise. Sie machen allerd­ings nur knapp ein Fün­f­tel des Preisanstiegs aus. Vier Fün­f­tel des Preisanstiegs gehen auf das Kon­to der hohen Gaspreise.

Die Ursachen für den Anstieg der Ben­zin- und Diesel­preise sind vielfältig.

  1. Gewin­n­mit­nahme der Konz­erne: Die Über­schüsse der Min­er­alölkonz­erne sind in zweitweise kräftig gewach­sen.
  2. Putins Angriff­skrieg auf die Ukraine und die Abhängigkeit von Ressourcen als Rus­s­land spie­len derzeit eine große Rolle.
  3. Ver­stärkt wird das ganze durch Speku­la­tion - denn die Preise steigen teil­weise, obwohl nicht weniger Öl ankommt.
  4. Dazu kommt eine schon vorher einge­tretene recht hohe Nach­frage nach Rohöl auf dem Welt­markt infolge des wirtschaftlichen Auf­schwungs nach dem zwis­chen­zeitlichen Abklin­gen der Coro­na-Pan­demie. Im Ver­gle­ich zur Nach­frage steigt die För­der­menge nur sehr langsam.
  5. Ver­stärk­end wirkt sich aus, dass sich die Mehrw­ert­s­teuer beim Kraft­stoff auf Kosten und Gewinn bezieht. Dadurch fällt der Anstieg der Ben­z­in­preise an der Tankstelle stärk­er aus als der des Rohöl­preis­es.
  6. Auch die Entwick­lung des Euro-Dol­lar-Wech­selkurs­es hat sich in den let­zten Monat­en nachteilig auf die Ben­z­in­preisen­twick­lung aus­gewirkt.
  7. Nur ver­gle­ich­sweise geringe Auswirkun­gen hat hinge­gen der Anfang 2021 in Kraft getretene CO2-Preis. Er macht derzeit nur 7 bis 8 Cent pro Liter aus, cir­ca fünf Prozent des Gesamt­preis­es. Zum 1. Jan­u­ar 2022 steigt er noch ein­mal um rund 2 Cent.

DIE LINKE set­zt auf ein „Mobil­itäts­geld“ als Aus­gle­ich für alle Beschäftigten, die zu ihrer Arbeitsstelle pen­deln müssen. Das Mobil­itäts­geld erset­zt die bish­erige Ent­fer­nungspauschale („Pendler­pauschale“) und wird als fes­ter Betrag pro Kilo­me­ter Arbeitsweg gezahlt. Dieser ist für alle gle­ich hoch. So wird ver­mieden, dass Men­schen mit höheren Einkom­men bevorteilt wer­den – sie kon­nten die Ent­fer­nungspauschale bish­er von ihrem zu ver­s­teuern­den Einkom­men abset­zen. Wer so wenig ver­di­ent, dass sie oder er kaum Steuern zahlt, kon­nte nichts abset­zen. Das Mobil­itäts­geld bekom­men alle unab­hängig vom genutzten Verkehrsmit­tel.

Men­schen mit geringem Einkom­men, die gezwun­gen sind mit dem Auto zur Arbeit zu pen­deln, weil der ÖPNV zu schlecht aus­ge­baut ist, lei­den beson­ders unter den steigen­den Ben­z­in­preisen – da wird das Mobil­itäts­geld allein nicht aus­re­ichen. DIE LINKE fordert deshalb – im Rah­men eines „Ent­las­tungspakets Preis­steigerung“ – eine Ein­malzahlung von 200 Euro an alle Men­schen, die unter der Armut­srisikoschwelle liegen. Die Armut­squote liegt bei knapp 16 Prozent. 13 Mil­lio­nen Men­schen wür­den von der Ein­malzahlung prof­i­tieren.

Auch hier spielt der Angriff­skrieg auf die Ukraine und die Abhängigkeit rus­sis­chem Gas eine große Rolle. Ver­stärkt wird das ganze durch Speku­la­tion, denn der Preis geht dadurch auch nach oben, wenn es noch gar keine fak­tis­che Verk­nap­pung gibt. Schon vorher gab es auf dem glob­alen Gas­markt große Knap­pheit. Die Gründe dafür sind vielfältig:

  • Geringe Investi­tio­nen in neue Förderka­paz­itäten, teils auf­grund niedriger Rentabil­ität in den let­zten Jahren. Die Coro­n­akrise sorgte für einen nochma­li­gen Ein­bruch um knapp ein Vier­tel. Das Ergeb­nis ist ein Zyk­lus, bei dem auf Jahre mit weni­gen Investi­tio­nen und niedri­gen Preisen eine Knap­pheit fol­gt, die dann zu hohen Preisauss­chlä­gen führt.
  • Ins­beson­dere aus Asien wurde die Gas-Nach­frage angetrieben, die sich dort deut­lich schneller erholt hat als erwartet. Weil auch auf den Steinkohlemärk­ten Knap­pheit herrscht, wurde die Gas­nach­frage zusät­zlich beheizt.
  • Der let­zte Win­ter war in vie­len Teilen der Nord­hal­bkugel lang. Er führte zu weit geleerten Gasspe­ich­ern im Früh­ling.

Die CO2-Bepreisung für Brennstoffe im Wärme- und Mobil­itätssek­tor, die in der Bun­desre­pub­lik seit Jan­u­ar 2021 gilt, machte vor dem Preisanstieg etwa 7 Prozent des Gaspreis­es aus.

Eine Unter­stützung für benachteiligte Haushalte bei den Gaspreisen darf nicht dazu führen, den notwendi­gen Ausstieg aus fos­silem Erdgas zu verzögern. Für eine kli­ma­neu­trale Gesellschaft bis 2035 muss auch ein Ausstieg aus der Ver­bren­nung von fos­silem Erdgas erfol­gen. DIE LINKE will dafür ein Erdgasausstiegs­ge­setz mit verbindlichem Ausstiegsp­fad und sozialer Absicherung betrof­fen­er Beschäftigter und Regio­nen. Neue Gas­in­fra­struk­tur jen­seits einiger weniger Back­up-Gaskraftwerke für kurze Ein­satzzeit­en sollte als falsch­er Pfad nicht mehr neu errichtet wer­den. Die beste­hende Infra­struk­tur reicht ins­beson­dere im Gas­netz auf lange Sicht aus.